Wieder ist Herbst, wieder ist Erntezeit, meist zwischen Ende August und Mitte September. Was Reifegrad, Säure und Alkoholgehalt betrifft, ist jedoch jede Lese anders als die des Vorjahres. Die Festlegung des optimalen Zeitpunkts für die Lese ist von grösster Bedeutung. Ein Netzwerk vom Messpunkten hilft bei der Bestimmung des Erntezeitpunkts. Dieses Netzwerk zählt heute 602 Musterparzellen, die sich auf das gesamte Weinbaugebiet „Champagne“ verteilen. Zweimal pro Woche werden dort Traubenproben entnommen, um Reifegrad, durchschnittliches Gewicht, Zucker- und Säuregehalt und Botrytis-Befall der Trauben zu messen. Die Ergebnisse werden am gleichen Tag digital übermittelt. Der Comité Champagne kann dann die Statistik jeder Parzelle bearbeiten und die durchschnittlichen Variablen (Zucker- und Säuregrad, usw.) für jede Rebsorte pro Département erfassen.
Die technischen Leiter und insbesondere die Regionalvertreter der Association Viticole Champenoise (Weinbau-Vereinigung der Champagne) werden über die Analyse der Proben informiert. Dies ermöglicht ihnen, bei der Versammlung vor der Lese ihre Wünsche bezü glich des Erntebeginns in ihrer Gemeinde anzugeben.
Kellermeister und Chefönologen probieren die Trauben kurz vor der Ernte sogar zwei Mal täglich, wie mir Olivier Krug, Besitzer der gleichnamigen Maison bei meinem letzten Besuch vor ein paar Tagen erzählt
Die Weinlese bleibt traditionell, denn der Umgang mit der Traube ist heute genauso respektvoll wie im 18. Jahrhundert
Die Lese dauert rund drei Wochen und orientiert sich an der kurzen optimalen Reifeperiode der Trauben. Auch kommen die verschiedenen Rebsorten der Champagne fast zeitgleich zur Reife.
Während dieses Zeitraums halten sich 120.000 Lesehelfer in der Champagne auf, also 4 pro Hektar. Knapp 100.000 Saisonarbeiter erhalten jedes Jahr Kost und Logis bei Winzern und Häusern. Die Gruppen der Weinleser werden „les hordons“ genannt. Allein bei Veuve Clicquot Ponsardin beispielsweise werden mehr als 1000 Menschen benötigt als Erntehelfer, für die Weinpressen rund 200 und für die Küchen (Verpflegung der Mitarbeitenden) rund vierzig. Während dieser besonderen Zeit werden über 500 Saisonarbeiter bei Veuve Clicquot untergebracht und versorgt. Unterdessen sind die 100 fest angestellten Mitarbeiter des Weinguts in erster Linie mit der Aufsicht über Lese, Transport und Pressung der Trauben beschäftigt.

Eine sorgsame Ernte
Jede Traube wird von Hand gepflückt und in einen Korb gelegt. Jede Reihe wird von zwei Weinlesern, einem auf jeder Seite der Reben, abgeerntet. Wenn die Trauben nicht gesund oder nicht hinreichend gleichmässig gereift sind, um die strengen Standards der Maison zu erfüllen, werden sie aussortiert und auf dem Boden liegengelassen.
Volle Körbe mit Trauben werden in kleine Behälter geleert, die weniger als 50 kg enthalten; diese geringe Grösse verhindert, dass Trauben zerquetscht werden.
Die Kisten werden dann auf Anhänger geladen, um ins nächste Kelterzentrum gebracht zu werden.

Mit Respekt für die Traube
Veuve Clicquot zeichnet in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Comité interprofessionnel des Vins de Champagne die Daten der Ernte für jede Rebsorte Cru für Cru auf. Daher wird jede Parzelle in präziser Reihenfolge abgeerntet.
Über 50 Parzellen, repräsentativ für die Gesamtheit der Veuve-Clicquot-Weinberge, werden mehr als 4 oder 5 Wochen lang zweimal pro Woche analysiert, um den Reifeprozess ihrer Trauben einzuschätzen.
Dieses Verfahren ermöglicht ein umfassendes Verständnis der Traubeneigenschaften, die bei der Planung der bevorstehende Lese zu berücksichtigen sind. Für Didier Mariotti, Kellermeister beim legendären Champagnerhaus Veuve Clicquot ist es dabei wichtig, viel nachhaltiger zu werden – in allem, was Winzer tun. Seit zwei Jahren werden beispielsweise keine Herbizide mehr im Rebberg eingesetzt. Das bedeutet bis zu 25 Prozent mehr Arbeitsaufwand und natürlich auch ein Risiko, weil man lernen muss, wie man ohne diese Hilfsmittel auskommt.
Ertragsregeln
Der vom INAO (Nationales Institut für Herkunftsbezeichnungen) festgelegte Jahresertrag liegt bei 10.400 kg/ha. Jedes Jahr kann dieser Basiswert vom INAO verringert oder angehoben werden, und zwar je nach Qualität und Menge der Lese. AOC-Weine dürfen die Grenze von 15.500 kg/ha nicht überschreiten.
Diese Hektarertrag kommt aufgrund der hohen Dichte der Weinberge in der Champagne zustande: 8.000 Rebstöcke pro Hektar. Diese Dichte hat ein qualitatives Ziel: Sie favorisiert eine bessere Reifung der Trauben, was ihre Qualität steigert.
Ausserdem wird die Deckelung des Jahresertrag durch eine Begrenzung der Pressung flankiert: maximal 102 Liter Saft aus 160 kg Trauben. Dies ergibt schlussendlich einen Ertrag von 66 Hektolitern pro Hektar

Reservehaltung
In der Champagne wird ein verbindliches Reservehaltungssystem praktiziert. Alle Erzeuger müssen in guten Jahren einen Teil der Ernte als Reserve zurückstellen. Auf diese in temperatur-regulierten Tanks gelagerten Weine kann man zurückgreifen, wenn die Nachfrage aussergewöhnlich hoch ist (wie beim Jahreswechsel 1999/2000), oder um ertragsschwache Jahre wie z.B. 2012 auszugleichen.

Im nächsten Beitrag erfährst du dann, was mit den Trauben passiert, sobald sie im Keller eintreffen. Alles muss dann relativ schnell gehen. Hîer eine kleine Vorschau: